Freitag, 24. Februar 2012

reservoir dogs //

USA 1992 - 95 Min. - 2,35:1 - Quentin Tarantino

"Mr. Brown? Das klingt aber ziemlich nach Mr. Scheiße."

Sie sind der Überzeugung, Quentin Tarantinos Pulp Fiction sei ein absolut cooler Streifen, gespickt mit einigen der seltsamsten aber auch interessantesten Charaktere der Filmgeschichte, durchsetzt mit fiesestem Humor und innovativer, zeitlicher Erzählstruktur - kurz, ein echtes, einzigartiges Meisterwerk? Stimmt schon, allerdings hat der durchgedrehte Ausnahme-Regisseur das alles schamlos geklaut - und zwar bei sich selbst. Denn bereits zwei Jahre, bevor er mit seinem Oscar-prämierten Epos über Höhen und Tiefen kleiner und großer Gauner zu Weltruhm gelangte, hat er seinen bis heute wichtigsten Film gedreht, welcher gleichzeitig auch sein Regie-Debüt gewesen ist: Reservoir Dogs, eine kleine (lediglich in Bezug auf Budget und Lauflänge!) aber dafür umso kraftvollere Moritat über eine Handvoll Krimineller, die gemeinsam einen Banküberfall vermasseln und sich zwischendurch wie Schulmädchen wegen alltäglicher Banalitäten in die Haare kriegen.

Tarantinos wahres Juwel Reservoir Dogs lebt natürlich vor allem von den irrwitzigen Dialogen der Charaktere, und diese Stilistik sollte der Regie-Wunderknabe dann ja bekanntlich in Pulp Fiction konsequenterweise noch auf die Spitze treiben. Das Zerren um Kleinigkeiten, das gegenseitige Zerfleischen der Wilden Hunde (so der deutsche Alternativ-Titel) macht die Männer, die allesamt so gerne eiskalte und ausgekochte Gangster ohne Gewissen wären, so lebendig und menschlich. Der Aufhänger der Geschichte, der Überfall auf das Juweliergeschäft, wird übrigens gar nicht gezeigt. Das ist auch nicht nötig, denn das eigentlich interessante und wichtige Geschehen spielt sich vor und nach dem Coup ab. Dieses Geschehen verwebt der Regisseur auf faszinierendste Art und Weise in mehreren Zeitebenen, die dem Betrachter scheinbar willkürlich um die Augen und Ohren gehauen werden, doch am Ende fügt sich wieder alles zu einem großen, kompletten und stimmigen Bild zusammen, stimmiger und konsequenter jedoch, als es später bei »Pulp Fiction« der Fall sein würde.

Kleine Anekdoten am Rande: Quentin Tarantino musste sich das Geld für sein Erstlingswerk aus allerlei dubiosen Quellen zusammenklauben. Unter anderem traf er ein Abkommen mit der Spezialeffekte-Firma KNB, deren Chef Robert Kurtzman er ein weiteres, komplettes Drehbuch zusicherte als Gegenleistung für die aufwendigen Make-Up-Spielereien seiner Dogs (später sollte aus diesem Script dann die Splatterkomödie From Dusk till Dawn entstehen). - Außerdem steuerte Co-Produzent Harvey Keitel höchstselbst eine Million Dollar zur Finanzierung des Gangster-Dramas bei und verzichtete dann auch im gleichen Atemzug auf seine Gage als Schauspieler. - Seit der Erstvorführung im Jahre 1992 hält sich hartnäckig das bemerkenswerte Gerücht, dass gestandene Regie-Veteranen (darunter auch Scream- und "Freddy Krueger"-Vater Wes Craven) Vorstellungen von Reservoir Dogs vorzeitig verlassen haben sollen, da ihnen Michael Madsens kleine Polizisten-Folterlektion zu hart gewesen sei. Also, wenn das kein Gütesiegel ist...

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