OT: Fight Club
USA 1999 - 135 Min. - 2,35:1 - David Fincher
USA 1999 - 135 Min. - 2,35:1 - David Fincher
"Du hast mich in einer seltsamen Phase meines Lebens getroffen."
Dieses Werk, dass bis heute den vorläufigen Höhepunkt in seiner Filmographie darstellt, bricht mit den meisten der momentan gültigen Traumfabrik-Regeln und präsentiert sowohl visuell, akustisch (Oscar-Nominierung!) als auch inhaltlich endlich mal wieder filmische Güter, wegen derer die Amerikaner (und um diese geht es ja leider in erster Linie) gerade nicht ins Kino gehen. Das ist wohl auch der Grund für das Box-Office-Scheitern von Fight Club in Übersee, wahrscheinlicher aber ein untrügliches Zeichen für den allgemeinen Wert des Filmes. Irgendwann wird auch der Rest der Welt bemerken (manche früher, andere später), dass hier ein wahrlich wegweisender Klassiker geboren wurde.
Was soll man da noch sagen? Sitzt man doch angesichts dieses Geschosses von einem Film sprachlos im Kinosessel. Das Faszinierendste ist die Auflösung der Geschichte am Schluss, welche den Zuschauer förmlich zwingt, das Werk gleich noch einmal zu sehen. Es handelt sich um eine der leider viel zu seltenen, überraschenden Pointen, die einen das vergangene Geschehen der letzten gut zwei Stunden noch einmal komplett aus anderer Sicht überdenken lassen. Bestes Beispiel dafür ist Alan Parkers Angel Heart. Fight Club kratzt jedoch eindrucksvoll mit seinem brutal konsequenten Höhepunkt an diesem Genialitätsthron. Wenn man dann vor diesem Hintergrund den Film ein zweites mal sieht, fallen einem bereits die vielen Anspielungen bezüglich des Endes auf, welche absolut meisterhaft über die gesamte Länge des Werkes verstreut sind. Viele Kleinigkeiten bleiben dann auch im Gedächtnis des Betrachters haften, Kleinigkeiten, die in ihrer Gesamtheit die Größe dieses Filmes ausmachen: Der an Hodenkrebs erkrankte Bob (Rocksänger Meat Loaf) zum Beispiel, ein unbeholfener Klops, der im Rahmen seiner Krebstherapie durch starke Hormone riesige Brüste entwickelt hat (treffend im amerikanischen Original: "Bitch tits") und sich einfach nur nach etwas Zuneigung sehnt, welche er im Fight Club dann endlich auch findet. Bob ist übrigens eine der insgesamt nur zwei Figuren, die während der Geschehnisse ihr imaginäres Leben lassen. Diese Tatsache ist besonders vor dem Hintergrund interessant, dass Kritiker dem Film übertriebene Gewaltdarstellung vorwerfen. Ein Grund dafür, dass er in Deutschland mit der FSK-Freigabe "Ab 18" ins Kino kam.
Weiterhin der Gang des Erzählers Edward
Norton
durch einen
virtuellen Ikea-Katalog, der wunderbar
die gleichzeitige Konsum-Abhängigkeit
als auch die in seinem Fall daraus
resultierende Rebellion dagegen
verdeutlicht. Im Übrigen ist der Film,
wie bereits kurz erwähnt, visuell mehr
als beeindruckend gestaltet - schwer zu
beschreiben allerdings, man muss es
selbst sehen.
David Fincher ist sich jedenfalls
treu geblieben, was die Bildgestaltung
angeht: Wie bereits in seinen früheren
Werken, ganz besonders jedoch in Sieben, ist jeder Schauplatz
sorgfältig choreographiert, ausgestattet
und beleuchtet, jede Szene könnte als
Metapher oder Andeutung für Späteres
herhalten. Einzig und allein die
gelegentlichen, computergenerierten
Kamerafahrten durch virtuelle Mülleimer
und selbst gebastelte Bomben kommen etwas
zu eigennützig daher, zumal sie sich
bei allem Hingucker-Potential nicht
unbedingt auf dem technisch höchsten
Niveau befinden - wohl der Preis dafür,
wenn man kein 100-Mio.-$-Budget zur
Verfügung hat. Und noch eine Kleinigkeit
zum Schluss: Einmal erscheint ein Kino im
Bild, im Hintergrund zwar, aber dennoch
deutlich erkennbar, in welchem gerade Sieben Jahre in Tibet gezeigt wird.
Ein schmunzelnder Seitenhieb auf Brad
Pitts eigenes Schönling-Image, welchem
er nun wieder ein Stückchen entkommen
kann. Man darf auch nicht vergessen, dass
es ihm einspielstarke Edelschnulzen wie Legenden der Leidenschaft oder eben Sieben Jahre in Tibet erst ermöglichen,
auf den ersten Blick unpopuläre Stoffe wie Fight Club zu
verwirklichen, wo er auch erstmals seit Sieben beweisen kann, dass er ein
durchaus respektabler Schauspieler ist.
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